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Das Buch von guter Speise: ein Blick in Deutschlands ältestes Kochbuch

Die älteste deutsche Rezeptesammlung hat allerlei Interessantes zu bieten. Wirf mit uns einen Blick in das Buch von guter Speise und begib dich auf eine kulinarische Zeitreise!

Das Buch von guter Speise enthält mittelalterliche Rezepte.
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11 schnelle Rezepte & nützliche Kochtricks, die du jeden Tag gebrauchen kannst

Deutschland im Mittelalter, wir schreiben das Jahr 1350. Magere Zeiten, zumindest für die meisten. Das Klima spielt verrückt, Vulkanausbrüche sorgen mit ihrem Ascheausstoß für eine kleine Eiszeit, die große Flüsse zufrieren lässt und Missernten auslöst. Eine rätselhafte Krankheit zieht über das Land und reißt unzählige Leben mit sich. Ganze Landstriche werden entvölkert, die Abgaben der Bauern an die adeligen Feudalherren steigen in schwindelerregende Höhen. Die Übriggebliebenen suchen ihr Glück in wohlhabenderen Regionen.

Inmitten dieses Chaos entsteht in Würzburg ein bedeutendes historisches Dokument, das einen Einblick in die Ernährungsweise unserer mittelalterlichen Vorfahren verschafft. Vor allem macht es aber deutlich, wie losgelöst vom Leid der einfachen Bevölkerung der Adel speisen und genießen konnte. Die Rede ist von Deutschlands ältestem Kochbuch, dem „Buch von guter Speise“, das der Würzburger Michael de Leone in Auftrag gab. Er war ein hoher geistlicher Beamter, Notar und Theologe am Stift Neumünster und Besitzer eines großen Anwesens, dem Hof zum großen Löwen. Dieses ist noch heute in der Dominikanergasse 6 in Würzburg zu bewundern.

Das Buch von 101 guten Speisen

Seine Idee war, ein „Hausbuch“ verfassen zu lassen, das er an seine Nachkommen weitergeben kann. Es sollte eine Sammlung praktischen Wissens sein, das einem adligen Familienvorstand von Nutzen ist. Deshalb enthält das Hausbuch nicht nur eine Sammlung von 101 Rezepten, sondern auch jede Menge Lieder, Gedichte und die damals frisch erlassene Würzburger Polizeiordnung. Außerdem ist eine Erzählung mit dem Titel „Von dem üblen Weib“ enthalten, in dem der Autor über einen Ehekrieg mit seiner Frau berichtet.

Das Würzburger Hausbuch ist also eine Art Nachschlagewerk für den leidgeprüften Ehemann, der dem Koch seine liebsten Rezepte vorlegen und bei Feierlichkeiten für gute Musik sorgen will. Das 21. Kapitel des im Mittelhochdeutschen verfasste Buch beginnt mit den Worten

Diz buoch sagt / von guoter spise / Daz machet / die vnverrihtigen koeche wise. / Ich wil vch vnderwisen. / von den kochespisen. / der sin niht versten kan.

Der Verfasser möchte uns in Speisen unterweisen. Gern! Von deftiger Kost für die reich gedeckte Festtafel bis hin zum kleinen Snack hält das Buch von guter Speise so einige interessante Rezepte parat.

Wie für mittelalterliche Rezeptsammlungen üblich, setzt der Verfasser jede Menge Vorwissen voraus und verzichtet auch auf Mengenangaben. Deshalb ist, wenn man etwas nachkochen möchte, etwas Improvisation vonnöten. Die knapp 700 Jahre alten Rezepte sind jedoch ein guter Quell der Inspiration und fördern auch einige Gerichte zu Tage, die bis heute zwar noch bekannt sind, aber mit der Zeit immer mehr in Vergessenheit geraten.

Von Mandelmilch, griechischem Hühnchen und Gehirnen

Es ist davon auszugehen, dass der Speiseplan im Hof zum großen Löwen ebenfalls von den periodisch auftretenden Hungersnöten beeinflusst wurde. Auch die von der Kirche vorgeschriebenen Fastenzeiten spielten eine große Rolle auf dem mittelalterlichen Teller.

Schon im Mittelalter heiß begehrt: Mandeln. Credit: stock.adobe.com/4F.MEDIA

In der gesamten Adventszeit, in den sieben Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern und an den regulären Wochentagen Mittwoch und Freitag waren Menschen jeglicher Schicht dazu angehalten, zu fasten. Insgesamt 150 Tage im Jahr! Eine Zutat wirst du daher überraschend oft im Buch von guter Speise finden: Mandeln. Sie waren damals nicht sehr teuer und standen regelmäßig auf dem Speiseplan der herrschaftlichen Küche. Aus ihr wurde Mandelmilch hergestellt, die in Fastenzeiten als Ersatz für tierische Milch herhielt. Pflanzliche Milch als Ersatzprodukt ist also keinesfalls eine moderne Erfindung.

Während die armen Bauern sich durch grobkörniges Brot und Getreidebrei kauten, aß man am Hof zum großen Löwen griechisches Hühnchen. Dazu steht im Buch von guter Speise im Rezept Nummer 4:

Hüenre von kriechen 
Diz heizzent hüenre von kyechen. Man sol hüenre braten. und ein fleische eines swines, weich gesoten und gehacket, under ein ander. und nim einen vierdunc rosen dor zu und nim yngeber und pfeffer und win oder ezzig und zucker oder honie und siede daz zu sammene. und gibs hin und versaltzez niht.

Zunächst sollen Hühnchen geröstet und deren Fleisch zusammen mit weich gekochtem Schweinefleisch gehackt werden. Koche anschließend Rosen, Ingwer, Pfeffer, Wein oder Essig, Zucker oder Honig zusammen in einem Topf und serviere die Soße zum Fleisch. „Nicht versalzen!“, mahnt der Verfasser. Einen Versuch ist es wert, oder? Die Soße klingt vielversprechend. Vielleicht servierst du sie zu unserem griechischen Zitronenhähnchen.

In seinem Rezept Nummer 6 beweist der Verfasser etwas Humor. Von einer „Klugen Speise“ ist die Rede, und das liegt an einer ganz besonderen Zutat:

Ein kluge spise 
Diz ist ein kluge spise. Ein hirn sol man nemen und mel und epfele und eyer und menge daz mit würtzen und striche ez an einen spiz und bratez schoene und gibz hin. daz heizzet hirne gebraten. daz selbe tut man einer lungen die gesoten ist.

Der Leser soll für die kluge Speise ein Gehirn nehmen und es mit Mehl bestäuben. Darüber kommt wohl eine Mischung aus Apfelstücken, Eiern und Gewürzen. Anschließend soll er es auf einen Bratspieß stecken. Du kannst auch eine gekochte Lunge verwenden, schlägt der Verfasser vor. Zu dieser etwas ungewöhnlichen Speise habe ich leider kein Leckerschmecker-Pendant anzubieten, abgesehen von einem Gehirn aus Blumenkohl.

Ein ganz besonderes Gericht kommt gleich mehrmals im Buch von guter Speise vor: Blamensier. Interessanterweise gibt es dieses Gericht noch heute. Es hat in der italienischen Küche in Form eines simplen, süßen, wunderbaren Mandelpuddings seinen Platz gefunden und trägt den Namen Biancomangiare.

Damals wie heute lecker: Biancomangiare. Credit: stock.adobe.com/MICAELA

Übersetzt bedeutet der Name damals wie heute „weiße Speise“, doch waren damit ursprünglich auch Gerichte gemeint, die aus Fleisch zubereitet wurden.

Eines haben alle Rezepte gemein: die heißgeliebte Mandel. Im Buch von guter Speise besteht der Blamensir aus Mandelmilch, gekochter Hühnerbrust, Reis und Zucker. Eine Variante davon legt die Verwendung von violetten Blumen nahe. Kein schlechter Tipp! Essbare Blumen würden den italienischen Mandelpudding sicher auch verfeinern.

Recht moderne Soßen und Teigtaschen

Auch einige Soßen hat das Buch von guter Speise im Angebot. Rezept Nummer 32 stellt eine saure Apfelsoße namens Agraz vor:

Wilt du machen einen agraz 
Nim wintriubele und stoz sur ephele. diz tu zu sammene. menge ez mit wine. und drüches uz. dise salse ist gut zu scheffinem braten und zu hüenren. und zu vischen. und heizzet agraz.

Das Rezept verlangt nach Weintrauben, die mit sauren Äpfeln zerstoßen, ausgepresst und anschließend mit Wein gemischt werden, um eine Soße herzustellen. Sie schmecke gut zu gebratenem Schaf, Hühnern und Fischen. Die Kombination aus fruchtig und herzhaft gefällt auch dem modernen Gaumen. Dieser Apfel-Schweinerücken beweist es! Agraz würde dazu sicher gut passen.

Eine weitere Besonderheit: Das Buch von guter Speise beinhaltet eines der sehr wenigen Rezepte des 14. Jahrhunderts, die nach einer realen Person benannt sind. Die Rede ist von der „swallenberges salse“. Unklar ist, ob die Soße zu Ehren eines Herrschers benannt wurde oder den Namen des Kochs trägt, der sie erfand. Erhitze dafür Wein und Honig in einem Topf und lass alles köcheln. Gib geriebenen Ingwer, gepressten Knoblauch und Eiweiß hinzu und lass alles köcheln und eindicken. Eine ungewöhnliche Soße, die besonders an kalten Tagen schmecken soll.

Weniger ungewöhnlich, aber dafür ziemlich einfach, lecker und modern sind die Teigtaschen vom Rezept Nummer 44.

Ein gut gebackenz
Rib kese. menge den mit eyern und scharbe gesoten spec dar zu. mache ein schoenen derben teyc . und fülle den kese und die eyer dor in. und mache krepfelin. und backe sie in butern oder in smaltze. noch der zit. und gib sie warm hin.

Reibe Käse und mische ihn mit Eiern und gekochten Schinkenwürfeln. Bereite einen Teig zu und befülle diesen mit der Käsemischung. Daraus sollen kleine Taschen entstehen, die du in Butter ausbackst. Klingt gut, oder? Diese Flammkuchentaschen kommen der mittelalterlichen Nascherei erstaunlich nahe.

Und, hat diese Auswahl an Rezepten deine Lust auf ein mittelalterliches Menü geweckt? Solltest du eines der alten Rezepte ausprobieren, teile unbedingt deine Erfahrung mit uns. Wir sind gespannt auf deine kulinarische Zeitreise!